Eine Frau stößt die AfD vom Thron
Studie zu Wahlkampf bei Tiktok: „Oma Courage“ zieht allen davon
![Studie zu Wahlkampf bei Tiktok: „Oma Courage“ zieht allen davon (1) Studie zu Wahlkampf bei Tiktok: „Oma Courage“ zieht allen davon (1)](https://i0.wp.com/www.rnd.de/resizer/v2/JCVCJWBETFFHNO4GSGXN7E6ENQ.jpg?auth=9f9971d50eec25fd91496933dd81d6686441ab04874856beceb87c5b8d287306&quality=70&focal=608%2C259&width=428&height=241)
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Spitzenkandidatin zur Europawahl, ist bei Tiktok gern gelikt.
Quelle: Bernd Von Jutrczenka
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• 4 Minuten
Obwohl die AfD für ihre große Tiktok-Präsenz bekannt ist, zeigt eine neue Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dass sie nur den zweiten Platz im Ranking einnimmt. Die Tiktok-Charts der deutschen Politik führt eine andere Partei an.
Keine Partei verstehe Tiktok so gut wie die AfD, heißt es häufig. Doch die AfD liegt im Ranking nur auf dem zweiten Platz. Das ergibt eine neue Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Forscher haben ausgewertet, wie viele Videos die ersten zehn Kandidatinnen und Kandidaten der Wahllisten von SPD, CDU/CSU, Grünen, FDP, AfD und Linken seit Jahresbeginn auf Tiktok veröffentlicht haben – und wie viele Likes sie dafür bekamen. Insgesamt analysierten sie mithilfe von Künstlicher Intelligenz 774 Tiktok-Videos.
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Vom vermeintlichen Thron gestoßen wurde die AfD von der FDP – genauer gesagt von einer einzigen Person: Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). „Oma Courage“, wie sie von ihrer Partei genannt wird, versteht die Plattform offenbar so gut, dass sie fast die gesamte Reichweite ihrer Partei herstellt: Mehr als 95 Prozent der 183.605 Likes für die FDP sammelte sie im Beobachtungszeitraum allein ein.
Politik neben Klamauk
Wo Olaf Scholz den Inhalt seiner Aktentasche zeigt („das wundert jetzt keinen: Akten“), lässt Strack-Zimmermann es lockerer angehen und sortiert zum Beispiel Kartoffelgerichte nach ihrem Geschmack. Neben humoristischen Beiträgen erreiche Strack-Zimmermann ihre Follower ebenso mit ihren Botschaften zum russischen Krieg in der Ukraine, schreiben die IW-Autoren.
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Denn neben derlei Rankings oder Tanzvideos verbreiten sich auch politische Inhalte schnell auf der Plattform: oftmals in Form von Desinformation und extremistischen Parolen. „Vielfach wird versucht, Kinder und Jugendliche schrittweise zu radikalisieren“, warnt etwa die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz. Zum ersten Mal können bei der Europawahl in Deutschland auch Wählerinnen und Wähler ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben. Insgesamt 5,1 Millionen Erstwähler werden erwartet. Wer junge Menschen erreichen will, kommt an der Plattform kaum noch vorbei.
Immer mehr Minister haben deshalb zuletzt einen Tiktok-Account eröffnet: zunächst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dann Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Erklärtes Ziel ist, die Plattform, die von dem chinesischen Tech-Unternehmen Bytedance betrieben wird, nicht den Radikalen zu überlassen.
![Studie zu Wahlkampf bei Tiktok: „Oma Courage“ zieht allen davon (3) Studie zu Wahlkampf bei Tiktok: „Oma Courage“ zieht allen davon (3)](https://i0.wp.com/www.rnd.de/resizer/v2/BRFji*zADCVFPVM5C63X6KUHXGI.png?auth=f2cc6042740697bd30c88db86799d6c0a984b791a7254f91ce4ec0113925580a&quality=70&width=263&height=148&smart=true)
„Echte Männer sind Patrioten“: Wie extreme Rechte im Netz Jugendliche radikalisieren
Auf Social Media verbreiten sich traditionelle Männlichkeitsbilder. Für junge Menschen wirken sie als eindeutige und vermeintlich einfache Antworten auf Identitätsfragen. Doch sie bieten der extremen Rechten gute Möglichkeiten, Jugendliche zu radikalisieren.
Die SPD hat die meisten Videos hochgeladen
Die allermeisten Videos hat im Beobachtungszeitraum vom 1. Januar bis 23. Mai die SPD hochgeladen, nämlich 272. Davon stammen allein 112 von Spitzenkandidatin Katarina Barley. Die Unionsparteien kommen nur auf 38 Uploads.
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Im Mittelfeld liegen die Grünen mit 153 Videos, die Linke mit 132 – und die FDP mit 107 Videos. Damit konnte sie aber die höchste Anzahl an Likes erzielen.
Die AfD lud 72 Videos hoch und landete mit 147.753 Likes auf Platz zwei. Der einstige AfD-Star Maximilian Krah konnte nur 7000 Likes beisteuern. Wegen wiederholter Verstöße hat Tiktok seine Reichweite gedrosselt. Das bedeutet, dass seine Videos nicht mehr an Nutzerinnen und Nutzer ausgespielt werden, die seinem Konto nicht folgen. Zudem wurden fünf seiner Videos wegen Hassrede gesperrt.
![Studie zu Wahlkampf bei Tiktok: „Oma Courage“ zieht allen davon (4) Studie zu Wahlkampf bei Tiktok: „Oma Courage“ zieht allen davon (4)](https://i0.wp.com/www.rnd.de/resizer/v2/KW5V7P2RS5EE5BMI3CC6WTYRRI.jpg?auth=2ea51290fbf6965c581d7899748d82616b73d44b2b4610f9e4131e477145aad5&quality=70&width=263&height=148&smart=true)
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Die meisten Videos befassen sich mit der AfD
23 Prozent der Videos setzen sich laut IW-Studie mit der AfD auseinander, indem Vorwürfe erhoben werden oder sich AfD-Politiker gegen Vorwürfe verteidigen. Videos, die sich kritisch mit der AfD auseinandersetzen, erhalten demnach insgesamt 56.000 Likes.
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Mit deutlichem Abstand folgt das Thema EU. Dies überrascht, da der Beobachtungszeitraum mitten in den Vorwahlkampf zur Europawahl fällt. An dritter Stelle folgt der Themenkomplex Klimawandel, dann Persönliches und erst an fünfter Stelle der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten.